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Bei seinen Überlegungen zur Ursache der Planetenbewegungen konnte Newtons auf einigen Ergebnissen anderer Wissenschaftler aufbauen. Aus Galileis Arbeiten waren ihm beschleunigte Bewegungen bekannt und insbesondere, dass bei einer gleichmäßigen Beschleunigung die Strecke s mit dem Quadrat der abgelaufenen Zeit t anwächst: $s=\frac{1}{2}\cdot a\cdot t^2$. Die Konstante $a$ gibt dabei die Beschleunigung, also die Änderung der Geschwindigkeit pro Zeiteinheit an. Newton kannte wohl auch die Stoßversuche, die Christiaan Huygens in den Niederlanden durchgeführt hatte. Huygens hatte sich darüber hinaus intensiv mit Schwingungen und Kreisbewegungen beschäftigt und erkannt, dass für eine Kreisbewegung das Wirken einer Zentripetalkraft zum Zentrum des Kreises erforderlich ist. Er hatte sogar die Gleichung für die Zentripetalbeschleunigung $a_\mathrm{Z}=\frac{v^2}{r}$ hergeleitet. Dies gelang Newton unabhängig von Huygens ebenfalls, aber dieser war ihm bei der Veröffentlichung zuvorgekommen (was Newton ziemlich ärgerte).

Newton ging bei seinen Überlegungen zur Kreisbewegung von einer Kugel aus, die sich in einem starren Ring bewegt. Er betrachtete zunächst das Verhalten der Kugel, wenn sie sich auf einem Viereck innerhalb des Kreises bewegt. Bei jedem Stoß auf den Ring wird die Kugel durch eine Kraft reflektiert, die zum Zentrum des Kreises gerichtet ist. Dieses gilt auch, wenn man die Anzahl der Ecken der Kugelbahn auf beliebig viele erhöht und sich so immer weiter einer Kreisbahn annähert. Durch eine Auswertung der Stoßvorgänge  erhielt Newton schließlich als Ergebnis für die Zentripetalkraft auf die kreisende Kugel der Masse $m$ den Ausdruck

$F_\mathrm{Z}=m\cdot a_\mathrm{Z}=\frac{m\cdot v^2}{r}$.

Wenn man nun die Planeten betrachtet, stellt sich die Frage nach der Natur der Zentripetalkräfte, welche die Planeten auf ihrer zumeist annähernd kreisförmigen Bahn um die Sonne halten. Die entscheidende Idee dazu soll Newton nach Berichten von Zeitgenossen gekommen sein, als er beim Gang durch seinen Garten einen Apfel vom Baum fallen sah (zumindest diktierte er seinem Biograph diese Geschichte am 15. April 1726). Er stellte sich die Frage, warum alle Gegenstände nach unten, also zum Zentrum der Erde fallen. Er zog den Schluss, dass Anziehungskräfte zwischen Massen dafür verantwortlich sein müssen. Wegen der riesigen Massenunterschiede zwischen Erde und Apfel scheint sich dabei nur der Apfel zu bewegen. Analog werden Planetenbahnen folglich durch die Anziehungskräfte zwischen ihren Massen und der Masse der Sonne bestimmt.

Auf der Grundlage dieser Idee konnte Newton nunmehr eine mathematische Formel für die Anziehungskräfte zwischen Massen entwickeln, das so genannte Gravitationsgesetz. Auch hier konnte Newton auf Bekanntes zurückgreifen, nämlich auf das dritte Kepler’sche Gesetz, das einen Zusammenhang zwischen Umlaufzeiten und Bahnradien bzw. großen Halbachsen $a$ der Bahnellipsen aller Planeten und einer Konstante $C$ herstellt, die spezifisch für unser Sonnensystem ist: $\frac{T^2}{a^3}=C$. Unter der Annahme, dass Anziehungskräfte $F_\mathrm{G}$ zwischen zwei Massen $m$ und $M$ proportional zu jeder dieser Massen seien und unter Berücksichtigung der Kepler‘schen Beziehung sowie seiner Formel für die Berechnung von Zentripetalkräften gelangte Newton zur Formulierung des Gravitationsgesetzes 

$F_G=G\cdot\frac{m\cdot M}{r^2}$ 

Hier bezeichnet die Variable r den Abstand zwischen den Zentren der beiden Massen. $G$ ist die Gravitationskonstante, die als universelle Naturkonstante gilt. Zu Newtons Zeiten war es noch nicht möglich, den Zahlenwert von $G$ zu bestimmen. Die Kenntnis des Werts dieser Konstanten war jedoch für den Fortschritt der Astronomie von immenser Bedeutung. Denn dieser Wert wurde benötigt, um tatsächlich auch die Massen von bewegten Himmelskörpern bestimmen zu können, also von Objekten, die sich für die Menschheit außerhalb ihrer physischen Reichweite befinden. Eine erste Messung der Gravitationskonstanten $G$ gelang Henry Cavendish im Jahre 1797 mittels einer so genannten Gravitationsdrehwaage.

Exkurs: Newtons Überlegungen zum Gravitationsgesetz

Zur Überprüfung seiner Theorien überlegte sich Newton, dass ein auf der Erde fallender Gegenstand und der Mond den gleichen durch die Erde verursachten Gravitationskräften unterliegen sollten. Damals wurde geschätzt, dass der Mond etwa 60 Erdradien von der Erde entfernt sei. Gemäß dem Gravitationsgesetz ging Newton davon aus, dass die Gravitationskraft mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt.

  • Bestimmen Sie, welche Beschleunigung ein fallender Körper erfahren würde, der sich in der Entfernung des Mondes von der Erde befinden würde. Die Fallbeschleunigung an der Erdoberfläche betrage $g = 9,81\frac{m}{s^2}$.
  • Berechnen Sie mit Hilfe der Gleichung für die Zentripetalbeschleunigung, welche Beschleunigung $a_\mathrm{Z}$ der Mond auf seiner Bahn um die Erde erfährt. Vergleichen Sie mit der hypothetischen Fallbeschleunigung.

Hinweis: Die Umlaufzeit des Mondes um die Erde beträgt $T=27,3\,\mathrm{d}$. Der Erdradius beträgt etwa $r_\mathrm{E}=6370\,\mathrm{km}$

Leiten Sie unter Verwendung der Gleichung für die Zentripetalkraft $F_\mathrm{Z}=m\cdot a_\mathrm{Z}=\frac{m\cdot v^2}{r}$ und des dritten Kepler‘schen Gesetzes $\frac{T^2}{a^3}=C$ das Newton’sche Gravitationsgesetz her.


Christiaan Huygens fand unabhängig von Isaac Newton eine Formel zur Berechnung der Zentripetalbeschleunigung $a_Z$. Er ging dabei von folgenden Überlegungen nach der nebenstehenden Skizze aus: Ein Körper bewegt sich im Punkt $P_1$ mit der Geschwindigkeit $v$ auf einer Kreisbahn mit Radius $r$. Ohne äußere Kräfte würde er gemäß dem Trägheitsgesetz nach einer Zeit $\Delta t$ den Punkt $P_2$ erreichen. Durch die Zentripetalbeschleunigung $a_\mathrm{Z}$ wird er jedoch um die Strecke $\Delta s=\frac{1}{2}\cdot a_\mathrm{Z}\cdot{\Delta t}^2$ von seiner ursprünglichen Bahn in Richtung des Kreiszentrums z abgelenkt.

Leiten Sie wie Christiaan Huygens die Gleichung für die Zentralbeschleunigung $a_\mathrm{Z}=\frac{v^2}{r}$ her. Werten Sie dazu das rechtwinklige Dreieck $P_1\,Z\,P_2$ aus.

Hinweis: Ein dabei auftretender Term ${\Delta s}^2$ ist insbesondere bei einem sehr kurzen Zeitintervall $\Delta t$ gegenüber den anderen Termen verschwindend klein und kann vernachlässigt werden.

Newtons Herleitung der Formel für die Zentralkraft

Zur quantitativen Beschreibung von Zentralkräften betrachtete Newton einen bewegten Körper, der durch einen festen Ring in seiner Bahn begrenzt wird. Wenn zunächst der Körper auf einer quadratischen Bahn umläuft, wird er an vier Punkten mit der Begrenzung kollidieren. Durch diese elastischen Stöße kommt es zu Richtungsänderungen. Der ursprüngliche Impuls mv erfährt dabei jeweils in Richtung Zentrum $Z$ durch einen Kraftstoß $F_\mathrm{Z} \cdot \Delta t$ eine Impulsänderung mit dem Betrag $F_\mathrm{Z}\cdot\Delta t=\Delta p=\Delta\left(m\cdot v\right)$ (die Kraft $F_\mathrm{Z}$ wird hier als konstant angenommen, es handelt sich also um die mittlere wirkende Kraft). 

Aus der oberen Abbildung ergibt sich wegen der Ähnlichkeit der entsprechenden Dreiecke die Beziehung:  $$\frac{\Delta\left(m\cdot v\right)}{m\cdot v}=\frac{s}{r}$$  Oder auch: $$F_\mathrm{Z}\cdot \Delta t=\Delta\left(m\cdot v\right)=\frac{s}{r} \cdot m\cdot v$$
Diese Beziehung gilt auch, wenn die Bahn mehr Ecken aufweist, wie z.B. in der unteren Abbildung.

Für eine Bahn mit $n$ Ecken summieren sich die Kraftstöße bei einem kompletten Umlauf zu: 
$$F_\mathrm{Z}\cdot\left(n\cdot\Delta t\right)=\frac{n\cdot s}{r}\cdot m\cdot v$$ Erhöht man nun die Anzahl der Bahnecken immer weiter, so finden schließlich unendlich viele kleine Stöße statt. Die Strecke $n\cdot s$ nähert sich dem Kreisumfang $2\cdot\pi\cdot r$, die Zeitabschnitte summieren sich zur Gesamtzeit $T$ für einen kompletten Umlauf. Es ergibt sich für eine komplette Kreisbahn:$$F_\mathrm{Z}\cdot T=\frac{2\cdot\pi\cdot r}{r}\cdot m\cdot v=2\cdot\pi\cdot m\cdot v$$
Der Betrag der konstanten Zentralkraft errechnet sich damit zu:$$F_\mathrm{Z}=\frac{2\cdot\pi\cdot m\cdot v}{T}=\frac{2\cdot\pi\cdot m\cdot v}{\frac{2\cdot\pi\cdot r}{v}}=\frac{m\cdot v^2}{r}$$

Tipp

Leiten Sie aus dem Gravitationsgesetz das dritte Kepler'sche Gesetz her und zeigen Sie, dass für ein Planetensystem mit einer zentralen Masse $M$ die Keplerkonstante  $C=\frac{4\cdot \pi^2}{G\cdot M}$  beträgt. Stellen Sie dazu eine Bewegungsgleichung für eine Kreisbahn unter Verwendung des Newton’schen Gravitationsgesetzes auf. $G$ ist die Gravitationskonstante. Die Masse des umlaufenden Körpers sei im Vergleich zu $M$ sehr klein, ihr Einfluss sei zu vernachlässigen.

Zur Herleitung reichen die Formeln:

$F_G=G\cdot \frac{m\cdot M}{r²}$

$F_Z=m\cdot\frac{v²}{r}$    mit     $v=\frac{2\pi \cdot r}{T}$

 

 

Schätzen Sie mithilfe der Daten für die Erdbahn die Masse der Sonne ab.


 

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