Wie zuvor detailliert beschrieben, kann die Gravitationskonstante mit der Gravitationsdrehwaage anhand der gravitativen Wechselwirkung von vergleichsweise kleinen Massen im Labormaßstab mit zwei unterschiedlichen Methoden bestimmt werden. Die Grundidee der hier dargestellten Beschleunigungsmethode besteht darin, die Größe der Gravitationskraft durch Messung der Beschleunigung einer kleinen Masse aufgrund der Anziehung durch eine große Masse zu ermitteln.
- Die Grundidee der hier dargestellten Beschleunigungsmethode besteht darin, die Größe der Gravitationskraft durch Messung der Beschleunigung eines Körpers kleiner Masse aufgrund der Anziehung durch einen Körper vergleichsweise großer Masse zu ermitteln. Dabei wird die Beschleunigung über eine so kleine Strecke gemessen, dass sich die Anziehungskräfte zwischen den großen und kleinen Kugeln praktisch noch nicht relevant verändert haben.
- Zur Ermittlung der Gravitationskonstanten mittels der Endausschlagsmethode kann an dieser Stelle Genaueres nachgesehen werden; Achtung: Dabei werden hinreichende Kenntnisse über Drehschwingungen vorausgesetzt.
Die geometrischen Bedingungen des Versuchs sind in der Skizze unten dargestellt. Die Waage besteht aus zwei gleichen Kugeln mit Masse von jeweils
Die großen Kugeln befinden sich zunächst so lange in Position A, dass die kleinen Kugeln in einem bestimmten Abstand zur Ruhe kommen. In dieser Ruhelage heben sich die Gravitationskräfte zwischen den jeweils benachbarten Kugeln und die rückstellende Kraft durch die Verdrillung des Bronzefadens auf; die Kräfte sind also gleich groß. Werden die großen Kugeln umgeschwenkt, so wirken die Gravitationskräfte nun in die andere Richtung, d. h. die kleinen Kugeln erfahren eine Beschleunigung sowohl durch die Gravitationskräfte als auch durch die rückstellende Kraft des verdrillten Metallfadens.
Für eine(!) kleine Kugel ergibt sich unter Verwendung des Gravitationsgesetzes also folgende resultierende Kraft:$$F_\mathrm{res}=F_G+F_\mathrm{Faden}=2\cdot G\cdot\frac{m\cdot M}{r^2}$$Für das vorliegende Experiment wird diese Kraft zumindest anfänglich als konstant angesehen, weil Änderungen aufgrund der betrachteten kurzen Zeiten und Wege zu vernachlässigen sind. Die kleinen Kugeln bewegen sich also gleichmäßigt beschleunigt.
Aufgrund des Einfalls- und Reflexionswinkels überstreicht bei der Bewegung der kleinen Kugeln der LASER-Strahl einen Winkel von
- Die Messaufnahme der Position $S(t)$ des LASERs auf den Fotodioden kann durch Anklicken des Knopfes START über dem Diagramm links auf dem Monitor begonnen werden.
- Die Bewegung der kleinen Kugeln (und des Lichtzeigers) wird dann durch sofortiges Umlegen der großen Kugeln gestartet. Dazu kann die (vordere) große Kugel durch "Anfassen" aus der einen Position (möglichst von links, um eine steigende Flanke zu erhalten) in die andere Position (dann rechts) hin und her geschwenkt werden.
- Das Monitorbild kann durch Klick auf das Symbol rechts oben vergrößert werden.
- Auf der Rechtsachse wird die Zeit im Zeitraffer angegeben, auf der Hochachse ist die Position des Lichtzeigers, wie er sich für die - sehr kleinen - Winkelausschläge am Spiegel des Torsionsfadens ergibt, aufgetragen.
- Es wird die steigende Flanke der ersten Schwingung ausgewertet, daher sollte die Messung nach dem ersten Positionsmaximum durch Drücken des Knopfes STOP gestoppt werden.
- Mit der verschiebbaren roten Hilfslinie, die durch Anklicken des Knopfes HL in der Monitorvergrößerung angezeigt wird, können die Messwerte abgelesen werden.
Tipps
Auch die jeweils gegenüberliegenden großen Kugel ziehen die kleinen Kugeln an. Für eine exakte Bestimmung der Gravitationskonstanten müssen diese Kräfte berücksichtigt werden. Leiten Sie mit Hilfe des nachstehenden Bildes die dort bezeichneten Kräfte $F_2$ (in Abhängigkeit von $r$ und $l$) und $F_2^{||}$ her. $F_2^{||}$ ist die Komponente von $F_2$ parallel zu $F_1$. Nutzen Sie dazu die Ähnlichkeit der Dreiecke mit den Seiten $F_2^{||}$ und $F_2$ bzw. $2\cdot l$ und $r$ und bilden Sie damit die Verhältnisse von $F_2^{||}$ und $F_2$ bzw. $F_2^{||}$ und $F_1$. Bezeichnen Sie letzteres mit $\beta$.
Mit der Kraftkomponenten $F_2^{||}$ der zweiten Kugel kann die oben berechnete Kraft $F_1$ der ersten Kugel korrigiert werden. Leiten Sie diese korrigierte Kraft $F_\mathrm{korr}$ her, abschließend in Abhängigkeit von $\beta$ und $F_1$.
Aus der Kraft $F_\mathrm{korr}$ ergibt sich die korrigierte Konstante $G_\mathrm{korr}$ in Abhängigkeit vom Korrekturterm $\beta$.
Berechnen Sie die korrigierte Konstante $G_\mathrm{korr}$ und die prozentuale Abweichung zum obigen unkorrigierten Wert.
Tipp 1
Tipp 1
Tipp 2
Tipp 3
Tipp 4
Tipp 5
Schauen Sie sich die zu zeigende Formel an. Die dort auftretenden Größen geben Ihnen einen Hinweis auf den Ansatz.
$$F_2=G \frac{m\cdot M}{r^2+4\cdot l^2}$$
$$\frac{F_2^{||}}{F_2}=\frac{r}{\sqrt{r^2+4\cdot l^2}}$$
$$\frac{F_2^{||}}{F_1}=\left(\frac{r}{\sqrt{r^2+4\cdot l^2}}\right)^3=\beta$$
$$F_\mathrm{korr}=F_1-F_2^{||}=F_1\cdot(1-\beta)$$
$$G_\mathrm{korr}=G\cdot \left(1-\beta\right)$$
Leiten Sie $F_2$ in Abhängigkeit von $r$ und $l$ her (Satz des Pythagoras!).
Bilden Sie das Verhältnis von $F_2^{||}$ und $F_2$.
Bilden Sie mit den beiden vorherigen Gleichungen das Verhältnis von $F_2^{||}$ und $F_1$ und bezeichnen Sie es als $\beta$.
Formen Sie nach $F_2^{||}$ um und berechnen Sie die korrigierte Kraft auf die kleine Kugel in Abhängigkeit von $\beta$.
Leiten Sie die korrigierte Gravitationskonstante her.
Das Newton'sche Gravitationsgesetz lässt sich in folgender Form angegeben:
$$F_G=G\cdot \frac{m\cdot M}{r^2}$$
Dabei bezeichnen $F_G$ die Gravitationskraft, $G$ die Gravitationskonstante (Literaturwert $G=6,67430\cdot 10^{−11}\,\mathrm{\frac{m^3}{kg\cdot s^2}}$), $M$ und $m$ die beteiligte Massen und $r$ die Entfernung der Massenmittelpunkte, der hier als konstante mittlere Entfernung angenommen werden soll.
Begründen Sie nun den Ansatz:
$$m\cdot a_\mathrm{Kugel}=2\cdot G\cdot \frac{m\cdot M}{r^2}$$
und das Ergebnis
$$G=\frac{a_\mathrm{LASER}\cdot l\cdot r^2}{4\cdot L\cdot M}$$
Bestimmen Sie nun $G$ mittels Ihrer Messdaten, dem mittleren Abstand der Kugeln $r=4,7\,\mathrm{cm}$, dem Abstand zum Detektor $L=0,7\,\mathrm{m}$, der Masse einer großen Kugel $M=1,5\,\mathrm{kg}$ und der Armlänge der Halterung der kleinen Kugeln $l=5,0\,\mathrm{cm}$. Geben Sie die relative Abweichung zum Literaturwert an.
Begründen Sie, warum die errechnete Konstante systematisch zu klein ist (Tipp: Denken Sie an die oben getroffenen Annahmen bezüglich der Gravitations- und Verdrillungskräfte im Verlauf des Experiments).
Ersetzen Sie $a_\mathrm{Kugel}$ mit dem Term aus der vorigen Aufgabe.
Tipp
Tipps
Die Beschleunigung der kleinen Kugel lässt sich nun über eine Messung der beschleunigten Bewegung des LASER-Punkts ermitteln. Für jeden Drehwinkel gilt, dass in der gleichen Zeit t die kleine Kugel einen Weg $s$, der LASER-Punkt einen Weg von $\Delta S$ zurückgelegt hat. Leiten Sie die Beziehung für die Beschleunigung $a_\mathrm{Kugel}$ der kleinen Kugeln her: $$a_\mathrm{Kugel}=a_\mathrm{LASER}\cdot\frac{l}{2\cdot L}$$
Tipp 1
Lösung:
Lösung:
Lösung:
Schauen Sie sich die zu zeigende Formel an. Die dort auftretenden Größen geben Ihnen einen Hinweis auf den Ansatz.
$\frac{s}{l}=\frac{\Delta S}{2\cdot L}$
$s=\frac{1}{2}\cdot a_{\mathrm{Kugel}}\cdot t^2 ⇔ a_{\mathrm{Kugel}}=\frac{2\cdot s}{t^2}$ und $\Delta S=\frac{1}{2}\cdot a_{\mathrm{LASER}}\cdot t^2 ⇔ a_{\mathrm{LASER}}=\frac{2\cdot \Delta S}{t^2}$
$a_{\mathrm{Kugel}}=\frac{\Delta S\cdot l}{L\cdot t^2}\Leftrightarrow t^2=\frac{\Delta S\cdot l}{a_{\mathrm{Kugel}}\cdot L}$ und $a_{\mathrm{LASER}}=\frac{2\cdot\Delta S}{t^2}\Leftrightarrow t^2=\frac{2\cdot\Delta S}{a_{\mathrm{LASER}}}$
Nutzen Sie die bereits ermittelte Gleichheit der Verhältnis der Katheten der ähnlichen Dreiecke.
Leiten Sie aus dem einfachen s-t-Gesetz die Gleichungen für die beiden Beschleunigungen her (die Startpunkte werden hier auf $S_0=0$ und $s_0=0$ gesetzt).
Setzen Sie die Gleichungen ineinander ein.
Auch die gegenüberliegende große Kugel übt eine gravitative Kraft auf die betrachtete kleine Kugel aus. Schätzen Sie den maximalen Beitrag zur Gesamtkraft ab, indem Sie die Länge der Aufhängungsarme in Relation zum mittleren Abstand der kleinen Kugel zur direkt benachbarten großen Kugel setzen (eine nichtvektorielle Betrachtung ist hier für eine Maximalabschätzung ausreichend). Für eine genauere Rechnung siehe die letzte Aufgabe unten.
Überlegen Sie, warum nur die Werte der ersten Flanke der ersten Schwingungsperiode für die Berechnung der Gravitationskonstanten herangezogen werden dürfen. Berücksichtigen Sie dabei, wann der Faktor $2$ in der Gleichung $F_\mathrm{res}=F_G+F_\mathrm{Faden}=2\cdot G\cdot\frac{m\cdot M}{r^2}$ nur gilt und warum.
Die Annahme, dass es sich bei der Bewegung der kleinen Kugeln um eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung handelt, gilt nur für kleine Änderungen des Kugelabstands. Berechnen Sie, um welche Strecke $s$ sich eine kleine Kugel während Ihrer Messung bewegt. Ermitteln Sie auch die prozentuale Abweichung $\Delta r_\mathrm{rel}$ vom mittleren Kugelabstand $r=4,7\,\mathrm{cm}$. Berechnen Sie außerdem den vom LASER überstrichenen Winkel $2\varphi$.
Bilden Sie die Verhältnisse der Katheten der ähnlichen Dreiecke mit den Seiten $s$, $l$ bzw. $\frac{\Delta S}{2}$, $L$. Da die Dreiecke - unter Berücksichtigung der grün eingezeichneten Näherung (die Skizze ist nicht maßstabstreu!) - ähnlich sind, sind die Verhältnisse gleich (sie entsprechen dem Tangens des Winkels $\varphi$).
Tipp
Weisen Sie nach, dass sich die Auslenkung $s$ der am Faden befindlichen Kugeln ermittelt zu:
$$s=\frac{\Delta S\cdot l}{2\cdot L}$$
Die nachstehende Zeichnung mit einer notwendigen Näherung in grün kann dazu hilfreich sein:
Wichtige Hinweise
Geben Sie die Messwerte in die Tabelle ein, die Werte für $2S$ in der Einheit $10^{-6}\,\mathrm{m}$, damit möglichst viele Stellen vor dem Komma sichtbar sind, was die Auswertung mit dem Regressionswerkzeug vereinfacht (grundsätzlich gilt, dass hier als Dezimaltrennzeichen ein Punkt eingegeben werden muss). Aus $2S=27,1\,\mathrm{mm}$ werden $2S=27100\cdot 10^{-6}\,\mathrm{m}$.
Nutzen Sie die oben angegebene Funktion des Weg-Zeit-Gesetzes zur quadratischen Regression. Verändern Sie die Parameter $a_\mathrm{LASER}$ und $S_0$ nun so, dass die Kurve die Messwerte möglichst gut beschreibt. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass die vorgenommenen Näherungen am besten für die Anfangsphase der Bewegung gelten. Die Variable "y" entspricht dem Größensymbol $2S$ und die Variable "x" dem Größensymbol $t$. Über die Zahlen rechts und links von den Schiebereglern können Sie die Spannweite der Schieberegler einstellen. Falls Ihre Messwerte eine fallende Parabel ergeben, setzen Sie entsprechend ein Minuszeichen in die Regressionsgleichung ein. Exponenten können mit dem Symbol "^" eingegeben werden, Multiplikation mit "*" und Division mit "/".
Durch Anklicken des orangen Button unter dem Diagramm wird eine verschiebbare horizontale und eine vertikale Hilfslinie angezeigt.
Die Skalierung der Achsen kann in dem Menü, welches durch Anklicken der drei grün hinterlegten Striche rechts oben am Diagramm aufgerufen werden kann, verändert werden.
Zur Übung
Zentrale Experimente Physik GOSt
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