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Drehmoment, Drehimpuls und Präzession

Auf dieser Seite geht es anhand eines Beispiels um die Auswirkungen eines Drehmoments, das an einem sich drehenden Körper (z. B. an einem rotierenden Rad) angreift und versucht, dessen Drehimpuls hinsichtlich seines augenblicklichen Betrages und/oder seiner augenblicklichen Richtung zu beeinflussen.

Auf dieser Seite werden Analogien zwischen wichtigen physikalischen Größen der Translation und der Rotation dargestellt. Hinzu kommen jetzt noch die Ursachenbeschreibungen für Veränderungen: Bei der Translation ist dies die Kraft $\vec{F}=m \cdot \vec{a}$, bei Rotation ist dies das Drehmoment $\vec{M}=\vec{r} \times \vec{F}$ mit dem Betrag $\left\lvert \vec{M} \right\rvert = M = r \cdot F_\perp$ und der Richtung gemäß der Drei-Finger-Regel. Und ähnlich, wie die Kraft auf einen Körper dessen Impuls verändert, so ändert das an einem rotierenden Körper angreifende Drehmoment dessen Drehimpuls.

Letztlich wird es sich als durchaus erstaunlich herausstellen, dass sich mit einem allein aus der Mathematik stammenden Beschreibungsformalismus (Vektorprodukt et al.) das Zusammenwirken der Größen Drehmoment, Drehimpuls, Drehimpulsänderung und Rotationsgeschwindkeit darstellen und veranschaulichen lässt.

Überprüfen Sie mithilfe der Simulation folgende Aussagen:
► $\omega_s ∼ J \cdot \omega_{Rad} $
    (Proportionalität zwischen Winkelgeschwindigkeit $\omega_s$ und dem Produkt aus dem Trägheitsmoment $J$
    und der Winkelgeschwindigkeit $\omega_{Rad}$),
► $\omega_s ∼ M $
    (Proportionalität zwischen Winkelgeschwindigkeit $\omega_s$ und dem Drehmoment $M$).

Man kann folgenden Zusammenhang zwischen dem Drehmoment $\vec{M}$, der Winkelgeschwindigkeit $\vec{\omega_s}$ und dem Drehimpuls $\vec{L}$ herleiten:  $\vec{M} = \vec{\omega_s} \times  \vec{L}$.
Prüfen Sie anhand der Darstellung der Vektoren in der Simulation, dass diese Gleichung den Zusammenhang richtungsmäßig korrekt beschreibt, und prüfen Sie die Gleichung auch betragsmäßig an Beispielen.

In der folgenden Simulation dieses Experiments haben Sie die Möglichkeit, die den Ablauf beeinflussenden relevanten physikalischen Größen gezielt zu variieren.

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Schauen Sie sich die beiden folgenden Videos zu einem Experiment mit einem rotierenden Rad unter Einfluss eines Drehmoments an, das ein durchaus erstaunliches Phänomen in einem Realexperiment zeigt, das Sie, wenn eben möglich, auch in der Schule einmal selbst durchführen sollten:
Video 1 zeigt zeigt das grundlegende Experiment, aufgenommen im Rahmen einer früheren Vorlesung von Prof. Walter Lewin, einem Hochschullehrer am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge (USA),
Video 2 zeigt den Versuch, wie man ihn ohne weitere Hilfsmittel sicher auch in der Schule durchführen kann.

Layer 1

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Hier noch einige Bemerkungen zum Auftreten einer Präzessionsbewegung, wenn äußere Kräfte ein Drehmoment auf einen rotierenden Körper ausüben:

Der Ausgang des oben dargestellten Experiments dürfte für jede erstmalig mit dem Versuch konfrontierte Person gleichermaßen erstaunlich wie unbegründbar erscheinen, da es der Alltagserfahrung (und damit dem "gesunden Menschenverstand") zu widersprechen scheint, dass ein Gegenstand nicht einer an ihm angreifenden Kraft direkt folgt, sondern "einfach zur Seite ausweicht": Man kann das Ergebnis lediglich zur Kenntnis nehmen, eine inhaltliche Begründung hierfür gibt es nicht.

Vielleicht ist es daher auch bemerkenswert, dass es einen (physikunabhängigen) mathematischen Formulismus, nämlich den der Vektorrechnung, gibt, mit dem sich bei sinnvoller Definion der physikalischen Größen der Drehbewegung dieser Vorgang korrekt beschreiben lässt, obwohl die Mathematik der Vektorrechnung a priori überhaupt nichts mit den Richtungen konkreter Bewegungen zu tun hat. Er liefert aber die Möglichkeit zur Beschreibung des Phänomens und von richtigen Vorhersagen, wenn man Winkelgeschwindigkeit, Drehimpuls, Drehmoment etc. als Vektoren (in diesem Fall axiale Vektoren oder auch Pseudovektoren genannt) darstellt.

Es gibt bei Drehbewegungen noch weitere recht erstaunliche Phänomene, die sich der unmittelbaren Anschauung, zumindest auf den ersten Blick, zu entziehen scheinen: Als Beispiel sei auf dieses Video hingewiesen, das ein interessantes Zusammenspiel zwischen Drehmoment und Drehimpuls zeigt (vergessen Sie nach dem Anschauen nicht, die abschließend im Video gestellte Frage zu beantworten).

Eine weitergehende, etwas stärker quantitative Beschreibung der Vorgänge bei der Rotation finden Sie in diesem Video.

Übt man auf einen sich bewegenden Körper eine betragsmäßig konstant bleibende Kraft aus, die zudem immer genau senkrecht zu seiner Bewegung steht, dann führt dieser Körper eine Kreisbewegung aus und die Kraft führt zu einer Zentralbeschleunigung, die die (Bahn-) Geschwindigkeit des Körpers betragsmäßig konstant lässt.

Für Drehmoment und Drehimpuls lässt sich Analoges feststellen:
Das seitliche Ausweichen eines rotierenden Körpers infolge eines Drehmoments $\vec{M}$, das senkrecht zu dessen Drehimpuls $\vec{L}$ steht und bei diesem eine Drehimpulsänderung $\vec{ΔL}$ hervorruft, führt dazu, dass der Drehimpuls sich dabei nicht betragsmäßig verändert, sondern lediglich - eben durch seitliches Ausweichen in Richtung des Drehmoments - seine Richtung ändert. Die seitlich ausweichende Bewegung wird Präzession bzw. Präzessionsbewegung genannt.

"Der gesunde Menschenverstand ist
nur eine Anhäufung von Vorurteilen,
die man bis zum 18. Lebensjahr erworben hat."
(Albert Einstein)

 

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