Die Photosynthese der Archaea

Die Archaea sind urtümliche zellkernlose, einzellige Mikroorganismen. Sie bilden neben den ebenfalls zellkernlosen einzelligen Bakterien und den zellkernhaltigen Eukaryoten (mehrzellige Pflanzen, Tiere, Pilze, aber auch zellkernhaltige Einzeller etc.) den dritten Hauptast (Domäne) des Stammbaums des Lebens auf der Erde.

Einige Archaea nutzen eine frühe Form der Lichtenergiegewinnung, die allerdings nicht auf Chlorophyllen, sondern auf dem Protein Bacteriorhodopsin (bR) basiert. Dieser Mechanismus ist evolutionär nicht verwandt mit der Chlorophyll-Photosynthese der Grünpflanzen, allerdings mit dem Sehpurpur (Rhodopsin) der Augen, welcher die Hell-Dunkel-Wahrnehmung ermöglicht. Die Farbwahrnehmung übernehmen die ebenfalls mit dem bR verwandten Iodopsine, die jeweils andere Absorptionsmaxima aufweisen.

Wie das Chlorophyll-System ist das bR prinzipiell eine Ladungspumpe, die Protonen über eine Membran transportiert. Das entstehende elektrochemische Potential wird dann für die Erzeugung des chemischen Energieträgers ATP genutzt.

Diese Archaea sind halophil (salzliebend), leben also in salzhaltigen Gewässern und können diese bei starker Besiedelung intensiv purpur färben (siehe folgende Abbildung einer Bucht bei San Francisco).

Das Absorptionsmaximum des Bacteriorhodpsins liegt im grünen Spektralbereich bei ca. 570 nm (siehe folgende Abbildung).

Der Aufbau des Bacteriorhodopsins bestimmt seine Absorption

Das Makromolekül Bacteriorhodopsin ist ein Protein. Es hat eine Struktur aus sieben Helizes (schraubenartigen Säulen; grau in der folgenden Abbildung), die die Zellmembran des Archaeons durchspannen (blau in der Abbildung). Proteine bestehen aus Aminosäuren und absorbieren kaum sichtbares Licht, erscheinen also farblos.  Seine purpurne Farbe erhält das Bacteriorhodopsin durch den sogenannten Chromophor (Farbträger) Retinal, welches im Innern des Proteins gebunden ist (violett in der Abbildung). Retinal ist ein Vitamin-A-Derivat, das auch im Auge vorkommt. Daher ist Vitamin A in der Nahrung notwendig zur Erhaltung der Sehkraft.

Die Absorption des Retinals im sichtbaren Spektralbereich resultiert aus einem konjugierten $\mathrm{\pi}$-Elektronensystem, dessen Absorptionseigenschaften bzw. Absorptionsmaximum recht gut durch eine stehende Elektronenwelle im linearen Potentialtopf modelliert werden können.

 

 

 

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Zentrale Experimente Physik GOSt

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Exkurs: Physik der Photosynthese II

Stellen Sie eine Vermutung auf, warum die Photosynthese der Grünpflanzen kaum den eigentlich optimalen grüngelben Spektralbereich des Sonnenlichts verwendet. Berücksichtigen Sie dafür die Informationen zum Absorptionsspektrum des Bacteriorhodopsins und die Tatsachen, dass die Grünpflanzenphotosynthese evolutionär deutlich nach der Lichtenergiegewinnung durch Bacteriorhodopsin in ebenfalls aquatisch lebenden Einzellern entstanden ist und Archaea zum diesem Zeitpunkt die Urgewässer vermutlich bereits sehr stark besiedelt hatten.

Berechnen Sie das theoretische Absorptionsmaximum des Retinals. Bestimmen Sie dafür die Kettenlänge des $\mathrm{\pi}$-Systems (Tipp: Es beginnt und endet mit einer Doppelbindung). Gehen Sie dabei von einer mittleren Bindungslänge von 0,14 nm aus. Pro Doppelbindung können sich zwei Elektronen im Potentialtopf frei bewegen. Jedes Energieniveau kann zwei Elektronen aufnehmen (Pauli-Prinzip). Der für das Absorptionsmaximum relevante Übergang ist vom obersten besetzten Niveau zum nächsthöheren.
Der reale Messwert für freies, d.h. nicht an ein Protein gebundenes Retinal beträgt $\lambda_{\mathrm{max}} = 370\,\mathrm{nm}$. Beurteilen Sie die Qualität des Modells.
Stellen Sie eine Vermutung auf, warum der reale Messwert von $\lambda_{\mathrm{max}} = 370\,\mathrm{nm}$ für freies Retinal vom o.g. Wert von $\lambda_{\mathrm{max}} = 570\,\mathrm{nm}$ abweicht.

Stellen Sie - basierend auf den vorangegangenen Überlegungen - eine Vermutung auf, welche Farbe Pflanzen mit einem evolutionär optimal entwickelten Photosynthesesystem haben müssten.
Bemerkung: Die Evolution verläuft nicht zielgerichtet, daher wird das absolute Optimum einer physiologischen Funktion praktisch nie entwickelt, sondern nur lokale Optima.

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