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Die auf den Seiten "Alpha-, Beta- und Neutronenstrahlung sowie Schwerionenstrahlung" und "Gammastrahlung" beschriebenen physikalischen Wechselwirkungen – vor allem die von energiereichen ionisierenden Strahlungsarten – können in lebendem Gewebe zu schädlichen Effekten führen. Dabei ist häufig das Erbmaterial im Zellkern, aber auch die makromolekulare Maschinerie und Struktur der Zelle betroffen (Lipide, Proteine bzw. Enzyme). Man unterscheidet hier zwischen somatischen Schäden, die die Funktionsfähigkeit von Körperzellen beeinträchtigen (Körperschäden), und genetischen Defekten in den Geschlechtszellen, die vererbt werden können (Erbschäden). Somatische Schäden werden in Früh- und Spätschäden unterteilt. Die somatischen Spätschäden werden zusätzlich noch mailgne (bösartig wuchernde) und nichtmaligne (nicht bösartig wuchernde) Spätschäden unterschieden.

Biologische Strahlenwirkungen


 

Frühschäden treten auf, wenn der Organismus von einer Mindestmenge an Strahlung von 200 bis 300 mSv getroffen wird. Zu Frühschäden zählen z. B. Unwohlsein, Erbrechen, Fieber oder Entzündungen der Schleimhäute. Eine einmalige Dosis von 7000mSv ist in der Regel tödlich, wenn keine Therapiemaßnahmen durchgeführt werden.

Somatische Spätschäden treten zwar erst nach Jahren oder Jahrzehnten auf, der Schaden in den Zellen ist aber bereits unmittelbar nach der Bestrahlung entstanden. Für bösartige Spätschäden ist die Mindestmenge an Strahlung sehr klein, schon ein einzelnes Strahlungsteilchen oder Gammaquant kann Krebs auslösen, wenn z. B. die getroffene Zelle bereits vorgeschädigt bzw. der Reperaturmechanismus und das Immunsystem des Körpers geschwächt sind.



 

Die biologische Strahlenwirkung ist stark abhängig von der Strahlungsart. Protonen, Neutronen, Alphateilchen und andere schnelle Atomkerne bzw. ihre Fragmente haben eine deutlich höhere relative biologische Wirksamkeit als elektromagnetische Strahlung oder Betastrahlen. Bestrahlt man eins von zwei identischen Objekten mit Alphastrahlen und das andere mit Betastrahlen, so beträgt die durch Betastrahlen hervorgerufene biologische Strahlenwirkung nur ein Zwanzigstel der von Alphastrahlen. Alphastrahlen haben eine deutlich höhere biologische Wirkung, da sie eine deutlich größere Anzahl an Ionen bzw. Anregungen pro Weglänge erzeugen als z. B. Betastrahlen. Diese dichtere Ionisierung in einem kleinen Bereich ist erheblich schädlicher als wenn sich die gleiche Anzahl von Ionisationen auf einen größeren Bereich verteilen. Aus diesem Grund werden die Strahlungsarten auch mit einem Strahlungswichtungsfaktor bewertet. Dieser ist für Alphastrahlen am größten (20), für Beta- und Gammastrahlung am geringsten (1), dazwischen liegen die Neutronen (abhängig von ihrer Energie zwischnen 5 und 20).

Der eben beschriebene Aspekt ist Grund dafür, dass von den verschiedenen Strahlungsarten unterschiedliche Gefahren ausgehen. Ein Alphastrahler ist relativ ungefährlich, solange er sich außerhalb des Körpers befindet. Aufgrund seiner geringer Reichweite werden die Alphastrahlen kaum bis zum Körper gelangen bzw. kaum die erste Hautschicht durchdringen. Gelangt ein Alphastrahler aber in den Körper, z. B. durch die Nahrung oder durch Einatmen, so kann er im Körper aufgrund seines hohen Ionisationsvermögens großen Schaden anrichten. Vor Beta- und vor allem vor Gammastrahlung kann man sich nicht so gut schützen wie vor Alphastrahlung, sie zerstören im Vergleich zu Alphastrahlern aber aufgrund des geringeren Ionisationsvermögens weniger.

 



 

Das Erbmaterial DNA kann durch einen direkten Treffer geschädigt werden, d. h. es können Strangbrüche und Veränderungen der Nucleotidbasen auftreten. Aufgrund seiner wesentlich höheren Konzentration in Zellen ist allerdings die Radiolyse des Wassers deutlich wahrscheinlicher (siehe Abb. 4). Dabei entstehen aggressive Verbindungen wie Sauerstoffradikale, Ionen oder Wasserstoffperoxid. Diese reaktiven Sauerstoffspezies können dann wiederum die DNA chemisch verändern und zu Mutationen führen, was z. B. zum Tod der Zelle oder zur Entstehung von Krebs führen kann. Sind viele Zellen eines Gewebes vom Zelltod betroffen, kann dies zu Funktionsbeeinträchtigungen bis hin zur Strahlenkrankheit führen.

Sterben die geschädigten Zellen in einem solchen Ausmaß, dass Schäden auch akut sichtbar sind, spricht man von deterministischen Schäden (Ausnahmen sind z. B. die spätere Trübung einer geschädigten Augenlinse oder eine reduzierte Fruchtbarkeit, die ggf. erst später bemerkt wird). Überleben die geschädigten bzw. mutierten Zellen, treten Schäden mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erst nach langer Zeit zu Tage (nach Akkumulation von weiteren Mutationen). Diese nennt man stochastische Schäden.

Zellen sind in der Lage, Schäden der Erbsubstanz und anderen Makromolekülen zu reparieren. Diese Aufgabe übernehmen spezielle Enzyme (Biokatalysatoren). Da die DNA ein Doppelstrang aus zwei sequenzkomplementären Molekülen ist, d.h. die Erbinformation redundant vorliegt, können Schäden oder Informationsverfälschungen häufig vollständig wiederhergestellt werden, wenn nur ein Strang betroffen ist und der andere als Matrize verwendet werden kann. Ist die Erbinformation irreparabel zerstört oder verändert und wird dies von der Zelle oder dem Immunsystem erkannt, kann der programmierte Zelltod (Apoptose) eingeleitet werden, um Schäden am Organismus zu vermeiden.





 

Die hier dargestellten Informationen zu den biologischen Strahlenwirkungen stellen nur einen Ausschnitt dar. Zur vertieften Recherche sind z. B. die folgende Quellen geeignet:

  1. Bundesamt für Strahlenschutz - Wirkungen ionisierender Strahlung
  2. Informationsbroschüren Kerntechnik Deutschland e.V., insbesondere "Radioaktivität und Strahlenschutz" (https://www.kernd.eu/kernd-wAssets/docs/service/013radioaktivitaet-u-strahlenschutz2012.pdf)

Aufgabe

Erstellen Sie ein kurzes Dokumentations-Lernvideo oder einen Zeitungsartikel, in dem Sie über die biologischen Strahlenwirkungen informieren. Berücksichtigen Sie dabei auch das Wissen, das Sie beim Experimentieren gewonnen haben.

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